Dieter Sevecke

 Name  Sevecke    
 Vorname  Dieter  
 Geboren    
     
 Geboren  25.05.1948  
 Gestorben  18.10.2013  
     
 Ort  Bremen  
 Friedhof  Huckelrieder Friedhof  
 Datum  08.11.2013  
     
 Redner  FREIER REDNER: Uwe Peters  
 Bestatter  Horner Bestattungsinstitut GE BE IN  
 Homepage    

 

Liebe Angehörige und Freunde
des verstorbenen

Dieter Sevecke

Wir sind hier zusammengekommen, um von dem Verstorbenen gemeinsam Abschied zu nehmen und seiner noch einmal würdigend zu gedenken.

Teil 1: Hilfe für die Hinterbliebenen

Sie haben die Todesanzeige im Weser-Kurier mit folgendem Text aus dem entzückenden Büchlein „Der kleine Prinz“ von Exupery überschreiben lassen:
„Hast Du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte. Und Liebe tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

In unserem gemeinsamen Gespräch haben Sie mir den Verstorbenen als einen Mann geschildert, der wie eine Blume immer wieder neue Knospen trieb und zum Blühen brachte. Viele dieser Knospen wurden zu schönen Blüten und einige entwickelten Fruchtstände, die seinen Tod bemerkenswert überleben, wie Anne Gerling im Weser-Kurier mehrfach geschrieben hat.

Aber Ihr Text vom kleinen Prinzen beginnt mit der größten Provokation gegen das traditionelle religiöse Denken, welches stereotyp behauptet, dass jeder Angst vor dem Tode hat.

Wir lieben die Texte vom kleinen Prinzen, wir lesen sie und wir zitieren sie, aber für viele Menschen haben diese wunderschönen Texte keine Inhalte mehr. Alles klingt nur so schön. Und bei einer Trauerfeier muss alles schön sein, egal welche Inhalte dabei übermittelt werden.

Ich zitiere noch einmal diesen entscheidenden Satz: „Hast Du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein…“

Worin liegt das Geheimnis, dass es viele Menschen gibt, deren Stimmen man in der Öffentlichkeit zwar konzentriert unterdrückt, die aber auch ohne Öffentlichkeit keine Angst vor dem Tod haben?

Die Rose erzählt es dem kleinen Prinzen. Sie sagt: „Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte.“

Wir werden geboren um zu leben. Wir werden nicht geboren, um über einen Zustand nach dem Leben zu spekulieren oder auch nur um auf eine wie immer geartete Belohnung nach dem Tod zu hoffen.

In diesem Sinne sagt einer der wichtigen Aufklärer J. J. Rousseau am Grab seines Freundes:
„Leben heißt nicht nur Atem holen. Es heißt handeln, er heißt Gebrauch machen von unseren Organen, von unseren Sinnen, von unseren Kräften, die uns das Bewusstsein unserer Existenz geben.
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Ein Mensch, welcher am meisten gelebt hat, ist nicht derjenige, der die meisten Jahre gezählt hat, sondern derjenige, der das Leben am meisten gespürt hat“.

Wir haben hier nicht die Zeit, ausführlich dem Bedürfnis des Verstorbenen nachzugehen und darüber zu reden auf welche unterschiedliche Weise er in seinem Leben dem Leben nachgespürt hat und welche Versuche er unternommen hat, das Leben so oder anders zu erleben.

Menschen, die gelernt haben, ihren Lebenshunger zu unterdrücken, weil man ja nicht alles haben kann, wie diese auf Mittelmäßigkeit dressierten Menschen gelernt haben zu fühlen und zu denken, werden seinem Lebensweg nicht nachvollziehen können.

Doch wer, wie der kleine Prinz; undressiert und aufmerksam die Welt und auch das Leben des Verstorbenen betrachtet, wird zu einer Bereicherung seines eigenen Lebens vordringen mit der stillen Freude im Herzen, einen Menschen kennen gelernt zu haben, ohne den sein Leben wesentlich ärmer gewesen wäre.

Aber schauen wir hinein in ein Leben, welches sich so liebte, dass es so viel wie möglich vom Leben spüren wollte.
Selbst Anne Gerling kommt in ihrem Nachruf nicht umhin, seinen Lebenshunger als Überschrift über ihren Text zu schreiben:
Er wurde 65 Jahre alt. „Ich will aber noch Lebenserfahrung machen“: Das war nach der Krebs-Diagnose bis zum Schluss sein Ziel.

Teil 2: Würdigung des Verstorbenen

Würdigung des Verstorbenen bedeutet, dass wir sein Leben in einer völlig neuen Form, zusammengefasst und überblicksartig als Einstieg in die Erinnerung beginnen wollen.

Die einmalige und unwiederholbare Geschichte des Verstorbenen begann am Dienstag dem 25. Mai 1948 in Schwerin. An diesem längst vergangenen Tag ist dort

Dieter Sevecke

zu uns in diese Welt gekommen.

Mit seinem älteren Bruder Heinz (26.05.1946), der lebenslang sein engster Freund blieb, verbrachte er die ersten Kinderjahre in der sowjetischen Besatzungszone. Als die Übersiedlung in den Westen noch legal möglich war, zog die Familie nach Bremen- Gröpelingen.

Hier wurde dann auch noch das Nesthäckchen, die Schwester Sabine geboren.

Unser Dieter war eine medizinisch bedenkliche Frühgeburt im 7. Monat der Schwangerschaft und brauchte seine ganze Kindheit, um seine Entwicklung altersgerecht aufzuholen. Rückwirkend wird sein Krankheitsbild als ADHS eingruppiert und deshalb musste er auch ins Krankenhaus.

Nach seiner Schulzeit erlernte er mit seinem Bruder zusammen den Beruf des Isolierers.

Während der Ausbildung machte er in Abendschule sein Abitur.

Die Bundeswehr wollte jeden jungen Mann in Uniform stecken, weil die politische Lage nicht so entspannt war wie heute. Er verweigerte aus Gewissengründen den Dienst an der Waffe und absolvierte seinen Zivildienst im Kindergarten in Huchting.
Er überbrückte eine paar Monate in einer Bibliothek und studierte dann Sozialpädagogik.

Er gehörte zu der rebellischen Generation, die sich intensiv gegen die Atomkraftwerke einsetzte und die Vorreiter wurden für den Gedanken des Recycling. Auf politischer Ebene gehörte er zeitweilig zum KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschlands). Intensiv hat er sich in die Werke von Karl Marx und Friedrich Engels eingelesen.
Das hinderte ihn nicht, schon 1975 als Sozialarbeiter Beamter zu sein.

Im Jahr 1968 heiratete er in erster Ehe seine Ritta aus Dänemark.
Ihnen wurde der Sohn Christian (01.03.1969) geboren.
Die Ehe hatte eine nicht ungewöhnliche Standzeit von etwa 4-5 Jahren. Dann war der Vorrat an Gemeinsamkeiten aufgebraucht und die Eheleute trennten sich.
Der Sohn Christian ging mit seiner Mutter nach Hannover und unter dieser räumlichen Trennung hat der Verstorbene sehr gelitten. Als dann sein Christian am 13.12.2004 plötzlich verstarb, war das für den Dieter Sevecke eine emotionale Katastrophe, von der er sich nicht mehr richtig erholt hat.

Am 04.11.1977 haben Dieter Sevecke und seine Helga, geb. Jöhnk in Bremen geheiratet.

Helga arbeitete beim Jugendamt und er bei den Sozialen Diensten. So ergaben sich berufliche Überschneidungen und Kontakte, die sich Anfang 1976 vertieften. Zu der Zeit urlaubte er gerne im Waldviertel in Österreich und mit Helga gemeinsam machte das viel mehr Spaß.

Ihnen wurde die nun um den Vater trauernde Tochter Anna (13.04.1978) geboren.
Doch auch in dieser Ehe verbrauchten sich die Gemeinsamkeiten und 1991 ließen sich die Eheleute scheiden.
In modernen Beziehungen ist es durchaus möglich, dass man nicht mehr zusammenleben kann und doch den Expartner als einen sehr liebenswerten Mann in Erinnerung behält, wie ihn mir seine Helga geschildert hat.

Er hat sich intensiv um seine Anna gekümmert, die inzwischen Diplom Musikerin ist und jetzt für das Lehramt Musik in Lübeck weiter studiert. Wir erleben sie als musikalische Gestalterin des Abschieds für ihren Papa.

In einem Nachtrag schrieb seine Anna mir: „Ich wünsche mir, dass zur Geltung kommt, dass mein Vater sehr großzügig war und für seine Kinder einfach alles getan hat und uns beiden – meinem Bruder und mir – alles gegeben hat, was er konnte. Egal wie schwierig es manchmal mit ihm war – wir haben Selbstsicherheit, Humor und viel Liebe mitbekommen. Alle Sicherheit, die mein Vater sein Leben lang nicht hatte, konnte er mir mitgeben. Egal wie wichtig ihm die Arbeit oder die Politik war, seine Kinder waren ihm immer das allerwichtigste.“

Sein öffentliches Leben hat Anne Gerling im Weserkurier sehr schön beschrieben. Ein paar Informationen aus ihrem Bericht erlaube ich mir in unsere Mitte zu stellen:
Er war ein überzeugter Steintor-Bewohner und hat dennoch Gröpelingen nicht vergessen.

Seit 1974 war er im Amt für Soziale Dienste tätig und 1976 gründete er das Gemeinschaftshaus Stuhmer Straße. Weiterhin machte er jedoch Hausbesuche und konnte beides gut miteinander verbinden.
Später wurde er Quartiersmanager für das 1998 eingerichtete WiN – Gebiet Gröpelingen und verstand es, die Menschen im Quartier zu vernetzen. Er „entschärfte“ die soziale Situation in der Stuhmer Straße gemeinsam mit Anwohnerinnen und entwickelte den „Streichelzoo Wilder Westen“ und holte auf diese Weise viele Anwohner aus ihrer Resignation heraus. Er begriff seine Klienten als „Rohdiamanten im Staub“. (Eine Formulierung, um die ihn sehr beneide!)

Im Jahr 2005 übernahm er das Quartiersmanagement im WiN-Gebiet „Wohlers Eichen“. Er baute eine Konfliktberatung auf und konnte den Künstler Gil Staug gewinnen, um mit den Bewohnern ihr Wohnumfeld zu verschönern.

Herr Hans-Peter Mester vom Ortsamt West war der Mann vor Ort, mit dem vieles „auf den Weg“ gebracht wurde. Herr Mester erzählt: „Dieter war kein Sozialromantiker, sondern realistischer Sozialarbeiter. Er verstand sich als Anwalt für seine Klientel. Dieter war streitbar und ließ sich nicht verbiegen“.

Dieter Sevecke hatte Krebs und wurde im November 2011 in einer großen Operation operiert. Er erholte sich mühsam und schaffte es, stundenweise wieder zu arbeiten. Seine Arbeit war sein Leben und sein Leben war seine Arbeit. Bis 67 Jahre wollte er unbedingt weiterarbeiten.

Im Januar 2013 wurde eine Kieferoperation notwendig. Die Chemotherapie sollte etwaige Metastasen bekämpfen und schwächte ihn sehr.

Mit großer Hingabe kümmerte sich sein Bruder Heinz um ihn. Anna ist ihrem Onkel sehr dankbar.

Auch seine Kollegin Marianne Riesenberger war immer wieder zur Stelle um helfend einzugreifen.

An 18.10.2013 hörte sein Herz für immer auf zu schlagen und gab ihn frei, um ohne Angst und  Verzagen auf ein neues Leben zu warten.

Teil 3: Abschied

Wir müssen Abschied nehmen.

Dazu ist es notwendig, dass Sie Ihren Frieden mit dem Verstorbenen machen.

Das heißt, Sie willigen ein in sein Leben, so wie es war und in seinen Tod. Es ist alles in Ordnung so.
Während Sie das bei sich selbst entscheiden, werde ich dem Verstorbenen einen  Text von  Erich Fried widmen:

Vorübung für ein Wunder

Vor dem leeren Baugrund
mit geschlossenen Augen warten
bis das alte Haus
wieder dasteht und offen ist.

Die stillstehende Uhr
solange ansehen
bis der Sekundenzeiger
sich wieder bewegt
An Dich denken
bis die Liebe zu Dir
wieder glücklich sein darf

Das Wiedererwecken
von Toten
ist dann
ganz einfach.


 

Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun

Dieter Sevecke, der zu uns am 25. Mai 1948 in diese Welt kam und uns am 18.Oktober 2013 für immer wieder verlassen hat, zu seiner letzten Ruhe.
Wir wollen ihn mit Blumen und mit Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.

Ruhe in Frieden.

verstorbene