Hans Wierk

 Name  Wierk    
 Vorname  Hans  
 Geboren    
     
 Geboren  10.03.1919  
 Gestorben  29.11.2013  
     
 Ort  Bremerhaven  
 Friedhof    
 Datum  02.11.2013  
     
 Redner  FREIER REDNER: Uwe Peters  
 Bestatter  Bestattungsinstitut Koop  
 Homepage    

 

Liebe Frau Wierk,
liebe Angehörige und Freunde
des verstorbenen
 
Hans Wierk

Wir sind hier zusammengekommen, um von dem Verstorbenen gemeinsam Abschied zu nehmen und seiner noch einmal würdigend zu gedenken.

Teil 1: Hilfe für die Hinterbliebenen

In unserem Gespräch am Mittwoch, bei Ihnen zu Hause, haben Sie mir sehr viel von dem Verstorbenen erzählt, dass ich vieles davon hier in der Trauerfeier aus Zeitgründen gar nicht wiedergeben kann.

Auf meiner Suche nach einer Möglichkeit, davon doch etwas weiterzugeben, bin ich an den entzückenden Text aus dem Büchlein „Der kleine Prinz“ von Exupery gekommen. Ich zitiere eine kurze Passage:

„Hast Du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte. Und Liebe tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

In unserem gemeinsamen Gespräch haben Sie mir den Verstorbenen als einen Mann geschildert, der wie eine Blume immer wieder neue Knospen trieb und zum Blühen brachte. Viele dieser Knospen wurden zu schönen Blüten und einige entwickelten Fruchtstände, die seinen Tod bemerkenswert überleben, wie die Enkelkinder in Ihrer Zeitungsanzeige dargelegt haben.

Aber Ihr Text vom kleinen Prinzen beginnt mit der größten Provokation gegen das traditionelle religiöse Denken, welches stereotyp behauptet, dass jeder Angst vor dem Tode hat.

Wir lieben die Texte vom kleinen Prinzen, wir lesen sie und wir zitieren sie, aber für viele Menschen haben diese wunderschönen Texte keine Inhalte mehr. Alles klingt nur so schön. Und bei einer Trauerfeier muss alles schön sein, egal welche Inhalte dabei übermittelt werden.

Ich zitiere deshalb noch einmal diesen entscheidenden Satz: „Hast Du Angst vor dem Tod?“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein…“

Worin liegt das Geheimnis, dass es viele Menschen gibt, deren Stimmen man in der Öffentlichkeit zwar konzentriert unterdrückt, die aber auch ohne Öffentlichkeit keine Angst vor dem Tod haben?

Die Rose erzählt es dem kleinen Prinzen. Sie sagt: „Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte.“
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Wir werden geboren, um zu leben. Wir werden nicht geboren, um über einen Zustand nach dem Leben zu spekulieren oder auch nur um auf eine wie immer geartete Belohnung nach dem Tod zu hoffen.

In diesem Sinne sagt einer der wichtigen Aufklärer J. J. Rousseau am Grab seines Freundes:
„Leben heißt nicht nur Atem holen. Es heißt handeln, er heißt Gebrauch machen von unseren Organen, von unseren Sinnen, von unseren Kräften, die uns das Bewusstsein unserer Existenz geben.

Ein Mensch, welcher am meisten gelebt hat, ist nicht derjenige, der die meisten Jahre gezählt hat, sondern derjenige, der das Leben am meisten gespürt hat“.

Wir haben hier nicht die Zeit, ausführlich dem Bedürfnis des Verstorbenen nachzugehen und darüber zu reden auf welche unterschiedliche Weise er in seinem Leben dem Leben nachgespürt hat und welche Versuche er unternommen hat, das Leben immer von der besten Seite aus zu sehen und zu erleben.

Menschen, die gelernt haben, ihren Lebenshunger zu unterdrücken, weil man ja nicht alles haben kann, wie die auf Mittelmäßigkeit dressierten Menschen gelernt haben zu fühlen und zu denken, werden seinen Lebensweg nicht nachvollziehen können.

Doch wer, wie der kleine Prinz; undressiert und aufmerksam die Welt und auch das Leben des Verstorbenen betrachtet, wird zu einer Bereicherung seines eigenen Lebens vordringen mit der stillen Freude im Herzen, einen Menschen kennen gelernt zu haben, ohne den sein Leben wesentlich ärmer gewesen wäre.

Aber schauen wir hinein in ein Leben, welches sich so liebte, dass es so viel wie möglich vom Leben spüren wollte.

Teil 2: Würdigung des Verstorbenen

Würdigung des Verstorbenen bedeutet, dass wir sein Leben in einer völlig neuen Form, zusammengefasst und überblicksartig als Einstieg in die Erinnerung beginnen wollen.

Die einmalige und unwiederholbare Geschichte des Verstorbenen begann am Montag dem 10. März 1919 in der schönen Stadt Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal. An diesem längst vergangenen Tag ist dort

Hans Wierk

zu uns in diese Welt gekommen.

Mit seinen älteren Geschwistern Peter, Grete und Mariechen, sowie seinen zwei Brüdern Karl und Werner wuchs er dort auch auf.

Peter ist mit seinem Vater anlässlich einer Boots- und Angeltour im Jahr 1926 auf der Eider ertrunken und der nächst älteste Sohn war unser Hans, damals 7 Jahre alt. Mit Beginn seiner Schulzeit musste er familiäre Verantwortung übernehmen, die ihn für sein ganzes Leben bis zu seinem Tod entscheidend geprägt hat.

Nach seiner Schulzeit erlernte er auf der Werft Nobiskrug – die heute noch existiert - den Beruf des Maschinenschlossers.

Inzwischen war durch die Reichsregierung der RAD (Reichs-Arbeits-Dienst) eingeführt worden und nachdem er auch diese Zeit hinter sich gebracht hatte ging er zur HAPAG-Reederei nach Hamburg und fuhr als Maschinen-Assistent zur See.

Die HAPAG-Reederei hatte einen ausgedehnten Ostasien-Dienst aufgebaut und so kam er bis zum Ausbruch des Krieges mit seinen Schiffen bis nach Süd-Ost-Asien.

Die Kriegsmarine übernahm ihn gerne in der kriegswichtigen Handelsmarine und in der Versorgungsschifffahrt bis 1944 und bildete ihn dann als U-Bootfahrer aus. Er hatte großes Glück und bevor er auf „Feindfahrt“ gehen konnte war der Krieg zu Ende.

Es ergab sich, dass er Silvester 1939 in Wesermünde war und bei der Silvesterfeier lernte er ein wunderschönes junges Mädchen kennen, die Sonja Reinhard.

Nach Kriegsende stellten ihn die Engländer vor die Wahl, entweder Kriegsgefangenschaft oder die Schifffahrtswege zu den deutschen Häfen von Minen frei räumen. Er entschied sich fürs Minenräumen und wurde in Bremerhaven stationiert.
Und wieder kam ein Silvester, diesmal 1945. Wieder hatte er großes Glück und traf die süße kleine Sonja Reinhard wieder. Jetzt ließen sie sich nicht mehr los und am 31.08.1946 haben sie ihren Bund für ein langes gemeinsames Leben in Wesermünde geschlossen.

Ihnen wurden die nun um den Vater trauernden Kinder Hans-Peter (1947), Claus-Carlo (1949), Ursula (1953) und Michael (1961) geboren.

Nach seiner Zeit bei den Minensuchern ging er zur Deutschen Bahn zunächst zur Bahnpolizei und wechselte dann in den Rangierdienst.

Durch die allgemeinen Mangelzustände in der Versorgung begünstigt, gab es sehr viele Fälle an Tbc-Erkrankungen. Auch er wurde von dieser schrecklichen Krankheit heimgesucht. Die Deutsche Bahn versetzte ihn daraufhin in den Innendienst und er wurde für den Fischversand im Fischereihafen zuständig. Er war eifrig bei der Arbeit, die ihm viel Spaß machte und wusste bald alle Zielbahnhöfe und Abwicklungsmodi auswendig. Doch auch dieser Eifer verlangte seinen Tribut. Mehrere Herzinfarkte waren der Preis. Weil ohnehin das Eisenbahngeschäft im Fischversand zurückgefahren werden sollte, nahm er das Angebot der Pensionierung im Jahr 1967 gerne an.

Zwei Jahre vorher hatte die Familie ihr eigenes Haus an der Jakob Kaiser Straße 49 bezogen und damit war viel Arbeit verbunden.

1961, nach der Geburt ihres Michael, begann seine Sonja an der Multiplen Sklerose zu erkranken. Lange Jahre war sie auf den Rollstuhl angewiesen und wurde schließlich völlig bewegungsunfähig. 1985 lernte sie die Feldenkraismethode kennen und entwickelte daraus eine eigenständige Therapie, die SOWI-Therapie. Sie schrieb mit Barbara Zaruba darüber das Buch: „Dem Leben wiedergegeben“ und ist heute völlig symptomfrei und wieder voll beweglich.

Dieser wunderbare und unglaubliche Wiederherstellungsprozess war nur möglich, weil ihr Hans Familiensinn und Fürsorge seit seiner Kindheit eingeübt hatte. Sonjas Erfolg ist auch sein Erfolg.
Natürlich ist das Vorbild der Eltern prägend für die Kinder. Hans-Peter und seine Monika engagieren sich in der politischen Gemeinde Schiffdorf.
Claus-Carlo und seine Dagmar sind im Bereich der Altenpflege aktiv.
Ursula und ihr Ingo haben Mutters Programm genau studiert und geben es in Kursen und Seminaren weiter.
Von Michael und seiner Susanne kann ich leider nichts erzählen, er war schon zur Zeit unseres Gespräches abgereist.
Die 12 Enkelkinder verzeihen es mir hoffentlich, dass ich sie nicht namentlich aufzähle. Dennoch weiß ich aus eigener Erfahrung, dass wesentliche positive Wesensmerkmale gerne eine Generation überspringen und sich verstärkt in den Enkeln wiederfinden.
Natürlich finden sich auch noch viele Spuren des Verstorbenen in den 7 Urenkeln, in denen sich das Leben des Verstorbenen langsam zu einem Mythos verändert und verdichtet, somit auf Dauer konserviert wird.
Als Claus-Carlo noch gerne in die Disco ging in seiner Jugendzeit, standen drei Ausländer aus USA und Marokko vor der Tür und durften nicht hinein, weil sie kein Geld mehr hatten. Claus-Carlo mit seiner sozialen Neigung spendierte ihnen den Eintrittspreis. Weil sie aber auch nach der Disco nicht wussten wohin, nahm er sie mit nach Hause. Den Eltern war das alles nur recht. Bis um die zwei Jahre blieben sie bei Wierks, bis sie sich beruflich und sozial stabilisiert hatten. Die engen und guten Kontakte sind bis zum Tod des Verstorbenen nie abgerissen.

Angefangen hatte die Serie der „Vizekinder“ mit Margit. Deren Mutter war verstorben und ihre letzten Jugendjahre erlebte sie bei Wierks.

Dann habe ich mir noch die Mädchennamen Henni & Brigitte aufgeschrieben, aber Ihr Erzählstil war so umfangreich und schnell, dass ich mir nähere Einzelheiten nicht aufschreiben konnte.

Zu den internationalen Beziehungen zu dem „Vizekindern“ gehörte auch seine internationale Gesinnung mit dem Schwerpunkt auf einen dauerhaften Frieden. Zeitweilig wurde er ein Mitstreiter einer Deutschen Friedenspartei.

Wenn ich auch nicht alles erzählen kann, macht das nichts; denn wirkliche Würdigung erfolgt durch Ihre erinnernden Erzählungen. Sie kannten den Verstorbenen und deshalb hat Ihr Wort ein viel größeres Gewicht als meine Nacherzählungen.

Der gütige Mann und der beste Vater und Großvater der Welt überließ seine Kindererziehung gerne der kindlichen Neugierde und Entwicklung und steuerte das alles wesentlich durch seine Vorbildfunktionen. Seine Sonja war dann schon eher bereit im komplexen Alltag steuernd einzugreifen.

Das, was als Summe der Beziehungen zu den Eltern in den Kindern übrig geblieben ist, wurde so von ihnen ausgedrückt: Hans Wierk war und blieb der Kopf der Familie und bot seiner Familie immer eine starke Schulter, wenn sie sich mal ausweinen musste oder überhaupt jemand gebrauchten, der ihnen den Rücken stärkte. Daraus erfolgte auch sein heimlicher Spitznamen in der Familie: „Der Pate“. Sein allgemeiner Spitznamen in der Familie war bei einer Spanienreise in einem Restaurant auf der Insel Fuerteventura durch einen Kellner entstanden, auf den er mächtigen Eindruck gemacht hatte: „Gran Capitan“.
Die Familie wusste mir auch von Jugoslawien, Bulgarien, Tunesien, Holland, Frankreich und Kanada zu erzählen. Michael als jüngstes Kind kam mehrheitlich in den Genuss der Reisen.

Besonders haben die „Verwöhnreisen“ der Eheleute auf der Ostsee und auf dem Mittelmeer die Erinnerungen positiv eingefärbt.

Die Dackel „Pollux“ und „Polli“ waren auf ihn eingeschworen. Sie waren auch sehr verschwiegen und erzählten nichts. Immer wieder mal passierte es, dass er zum Automaten ging und ihnen ein Kotelett rauszog. Völlig ungeniert liefen sie nach jedem „Gassi-Gang“ zuerst zum Kühlschrank, denn dort lagen noch mehr.

Dass der „hochgeehrte Nachbar“ einen sehr ordentlichen Lebensstil pflegte und immer nur in exakter Kleidung auf die Straße ging, gehörte einfach zu ihm.

Wie wir angefangen haben wesentliche Merkmale seines Lebens auf seine Kindheit zurückzuführen, so möchte ich den Bericht seines Lebens – so kurz wie er auch ist – auch wieder abschließen mit seiner Kindheit. Nach dem Tod seines Vaters musste er für seine Geschwister kochen. Daraus entwickelte sich eine ganz besondere Liebe zum Kochen. Er war ein Genießer und voller Eifer und Freude dabei, wenn er seine Familie und alle Freunde bekochen konnte. Und er ließ es nicht beim Kochen, auch die jeweilige Tischdekoration musste perfekt sein.

Sie verstehen jetzt wohl, warum ich diese Abschiedfeier mit einem Text vom „Kleinen Prinzen“ und von dem Aufklärer Rousseau angefangen haben.

Zuletzt plagten ihn unklare Krankheitssymptome. Sein Hausarzt konnte auch keine Klarheit bringen. Er wollte ins Krankenhaus, um einen klaren Befund zu bekommen.
Dort erwischte ihn eine Lungenentzündung an deren Folgen er am 29.10.2013 für immer in die Ewigkeit ging.

Teil 3: Abschied

Wir müssen Abschied nehmen.

Dazu ist es notwendig, dass Sie Ihren Frieden mit dem Verstorbenen machen.

Das heißt, Sie willigen ein in sein Leben, so wie es war und in seinen Tod. Es ist alles in Ordnung so.
Während Sie das bei sich selbst entscheiden, werde ich dem Verstorbenen einen  Text von  Erich Fried widmen:

Vorübung für ein Wunder

Vor dem leeren Baugrund
mit geschlossenen Augen warten
bis das alte Haus
wieder dasteht und offen ist.

Die stillstehende Uhr
solange ansehen
bis der Sekundenzeiger
sich wieder bewegt

An Dich denken
bis die Liebe zu Dir
wieder glücklich sein darf

Das Wiedererwecken
von Toten
ist dann
ganz einfach.

Wir verabschieden uns hier in der Kapelle von dem Verstorbenen, weil er eingeäschert werden soll:

Hans Wierk ist am 10. März 1919 zu uns
in diese Welt gekommen und hat uns am 29.Oktober 2013 für immer wieder verlassen.

Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.

Ruhe in Frieden.

verstorbene