Reinhold Neubert

 Name  Neubert  Reinhold Neubert  
 Vorname  Reinhold  
 Geboren    
     
 Geboren  17.02.1952  
 Gestorben  14.05.2007  
     
 Ort  Bremerhaven  
 Friedhof  Lehe III  
 Datum  21.05.2007  
     
 Redner    
 Bestatter  Bestattungsinstitut Schlange  
 Homepage    

Reinhold Neubert

17.02.1952 – 14.05.2007

Beerdigung am 21.05.2007 um 10:00 Uhr
auf dem Friedhof Lehe III durch

Bestattungsinstitut Schlange, Hafenstraße 144, Bremerhaven

Liebe Frau Neubert,
liebe Angehörigen und Freunde
des verstorbenen

Reinhold Neubert

Wir sind hier zusammen gekommen um von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen und seiner noch einmal gemeinsam würdigend zu gedenken.

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Teil 1: Hilfe für die Hinterbliebenen

Wenn wir einen schönen Abend bei Freunden verbracht haben, naht irgendwann der Augenblick des Abschieds.

Wie verabschieden wir uns? Was ist uns wichtig zu sagen?
In der Regel sind es drei Aussagen, die wir - meistens an der Tür – noch treffen:

1.Es war ein schöner Abend und es hat uns gut gefallen,
2.wir bedanken uns ganz herzlich für diesen schönen Abend,
3.und tschüss, oder „auf Wiedersehen!“

Genau das sind die Themen, die wir in einer ordentlichen Trauerfeier verwenden.

- Der „allgemeine schöne Abend“ entspricht in der Trauerfeier dem Nachdenken über das Fest des Lebens.

- Der ausgesprochene Dank entspricht in der Trauerfeier der Würdigung des Verstorbenen, dem wir noch einmal danken wollen, indem wir seinen Lebensweg betrachten.

- Und schließlich sagen wir „tschüss“ oder „auf Wiedersehen“ und machen damit den Weggang konkret. Danach kommt nichts mehr.

Teil 1: Das Fest des Lebens und die Erinnerung daran:

Man kann das Fest des Lebens unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

- Der große Buddha behauptet: Das Leben ist Leiden.
Er hat ganz tiefe Gedanken entwickelt unter dem Gesichtspunkt des Todes. Denn wenn das Leben nur eine kurze Zeit dauert ist es gut, wenn man sich nicht zu sehr an das Leben verhaftet.

- Das Christentum hat das Leben als Vorbereitung auf die Ewigkeit verstanden. Die alten Ägypter hatten diese Idee schon 2000 Jahre vor dem Christentum und dazu haben sie auch die Seele erfunden. Es ist eine sehr alte Idee.

- Dem gegenüber erklärt uns der ganz moderne Aufklärer Rousseau

„Leben heißt nicht nur Atem holen,
es heißt handeln,
es heißt Gebrauch machen
von unseren Organen, von unseren Sinnen,
von unseren Kräften,
von allen Teilen unseres Selbst,
die uns das Bewusstsein
unserer Existenz geben.
Der Mensch, welcher am meisten gelebt hat,
ist nicht derjenige,
der die meisten Jahre gezählt hat,
sondern derjenige,
der das Leben am meisten gespürt hat.

- Und noch eine letzte Auffassung. Paula Modersohn-Becker schrieb am 26.07.1900 in ihr Tagebuch:

"Mir kamen beim Malen die Gedanken hin und her, und ich will sie aufschreiben für meine Lieben.
Ich weiß, ich werde nicht mehr lange leben. Aber ist das denn traurig?
Ist ein Fest schöner, weil es länger ist? Und mein Leben ist ein  Fest, ein kurzes intensives Fest.
Meine Sinneswahrnehmungen werden feiner, als ob ich in den wenigen Jahren, die mir geboten sein werden, alles, alles noch aufnehmen sollte.

Mein Geruchssinn ist augenblicklich erstaunlich fein. Fast jeder Atemzug bringt mir eine neue Wahrnehmung von Linden, von reifem Korn, von Heu und Reseden. Und ich sauge alles in mich ein und auf.

Und wenn mir die Liebe noch blüht, vordem ich scheide, und wenn ich drei gute Bilder gemalt habe, dann will ich gern scheiden mit Blumen in den Händen und im Haar.

Ich habe jetzt wie in meiner ersten Kinderzeit große Freude am Kränzebinden. Ist es warm und bin ich matt, dann sitze ich wieder und winde mir einen gelben Kranz, einen blauen und einen von Thymian.

Ich dachte heute an ein Bild von musizierenden Mädchen bei bedecktem Himmel in grauen und grünen Tönen, die Mädchen weiß, grau und bedeckt rot.
Ein Schnitter in blauem Blusenhemd. Der mäht all die Blümlein ab vor meiner Türe. Mit mir wird es wohl auch nicht mehr lange dauern.

Ich weiß jetzt zwei andere Bilder mit dem Tod darauf, ob ich die wohl noch male?"

Paula Modersohn-Becker feiert das Fest ihres Lebens.

Ich weiß nicht, wie der Verstorbene sein Leben als Ganzes gesehen hat. Ich haben einige wenige sehr fundierte Sichtweisen in unsere Mitte gestellt. Es gibt gute Gründe, das Leben auch ganz anders zu sehen.

Das Bild jedoch, welches Sie in die Zeitungsanzeige haben setzen lassen, hat mich dazu verführt, sein Leben unter diesem Oberthema zu verstehen. Die Fotos, welche ich von ihm gesehen haben, bestätigen das. Und schließlich hat er als Ordnungskraft nach Feierabend in der „Disco“ gearbeitet.

Das Fest des Lebens – kann man das Leben schöner sehen und begreifen?

Paula Modersohn-Becker lässt sich nicht von dem Gedanken schrecken, dass ein Fest viel zu schnell zu  Ende geht. Sie will ihr Leben dennoch als Fest begreifen und feiern. Reinhold Neuberts Leben ist viel zu kurz gewesen, dennoch war es ein wunderschönes Fest.

Aber eines ist ganz gewiss und immer gültig, wenn jemand sich aufgemacht hat, dieses Leben zu verlassen, dann wollen wir über die Zeit nachdenken, in der er bei uns war.

Teil 2: Würdigung des Verstorbenen

Die einmalige und unwiederholbare Lebensgeschichte des Verstorbenen begann am 17.02.1952 in Bremerhaven.

An diesem längst vergangenen Tag ist hier Reinhold Neubert zu uns in diese Welt gekommen.

Mit seiner jüngeren Schwester Gabriele, die um ihren großen Bruder trauert, wuchs er hier auch auf.

Auch seine Eltern leben noch und müssen diese absolute Sinnlosigkeit des Lebens ertragen, dass ein Kind vor seinen Eltern stirbt.

Sie haben sich abgemüht und nach bestem Wissen und Gewissen die Kinder erzogen, „damit aus ihnen etwas werden soll“. Dazu gehörte nach dem damaligen Verständnis immer auch „eine feste Hand.“

Nach seiner Schulzeit erlernte der Verstorbene das Maurerhandwerk.

1973 fing er bei der BLG als Brückenfahrer an. Er war gerne dort und sein Arbeitsplatz hat ihm viel Spaß gemacht. Als er im August 2003 von der Schicht nach Hause fuhr, erlitt er einen schweren Autounfall und im Zuge der Genesung im November desselben Jahres einen ersten Apoplex., dem noch zwei weitere folgten.

Er wurde arbeitsunfähig und Rentner. Eine Lähmung im Auge machte ihm zu schaffen und infolge dieser zwangsweisen Lebensumstellung veränderte er sich auch in seinem Gemüt.

Das Leben ist immer viel mehr, als ein Text das beschreiben kann. Wir müssen mühsam nacheinander erzählen, was nebeneinander passiert ist.

In diesen großen Rahmen, den uns sein Berufsleben gegeben hat, gehört unbedingt die Farbe seines Privatlebens hinein.
In der ersten Hälfte der 70er Jahre heiratete er in erster Ehe Helga, geb. Cordes in Bremerhaven.

Den Eheleuten wurde der nun um den Vater trauernde Sohn Stephan (1975) geboren.

Am 17.11.1995 wagte er mit Ihnen, Frau Karin Neubert, geb. Witthohn einen erneuten Anfang einer Ehe. Diesmal hat sich die Eheformel: „...bis dass der Tod Euch scheidet...“ buchstäblich erfüllt.

Seine Karin hatte großes Interesse an seinem Boxsport und das hat u. a. die beiden fest verbunden.

Er wurde ihren Kindern Timmy (1976) und Gina (1990) ein sehr fürsorgender Vater. Praktisch hat er sie groß gezogen. Der lebensfrohe Mann hat gerne mit den Kindern was unternommen und mit ihnen allerlei Spaß gemacht. Für sein Enkelkind Joyce (10) war der Verstorbene der „coolste Opa der Welt“.

Seine Karin schilderte mir die Beziehung zu dem Verstorbenen als eine sehr lebhafte Beziehung, die zunächst wohl seinem Naturell entsprach und später nach seiner Erkrankung mitgeholfen hat, ihn vor dem Abdriften in die Gleichgültigkeit seiner Gemütsveränderung zu bewahren.

In der Druckerei kennt man den Begriff des „Vierfarbdruckes“. Aus den Grundfarben schwarz, cyan, magenta und gelb kann man alle Farben komponieren.

Die schwarze Farbe seines Berufslebens haben wir uns angeschaut. Die rote (magenta) Farbe seines Familienlebens haben wir auch betrachtet. Nun wollen wir die in seinem Leben so dominierende Farbe cyan (grünlich-blau) genauer erinnern. Es ist die Rolle, die das Boxen im Leben dieses großen Mannes spielte.

In der NZ vom 24. Mai 2002 steht viel über das Ende der Boxlegende im Super-Schwergewicht Reinhold Neubert geschrieben, aber wann er damit angefangen hat, darüber schweigt die Zeitung.

Erst seine Familie hat mir erzählt, dass er Anfang der 70er Jahre angefangen hat zu boxen.

Der 24. 11. 1985 war für den Verstorbenen der letzte Tag im Ring. Er boxte gegen den Weltklasseboxer Peter Hussing, der 16facher Deutscher Meister war und bei den Olympischen Spielen eine Bronzemedaille gewonnen hatte.
Die beiden Männer verstanden sich prächtig und sahen alles ganz locker. Natürlich gewann Hussing. Es war die letzte und 5. Niederlage für Reinhold Neubert. Bis dahin hatte er 75 Kämpfe für sich entschieden und mindestens ein Unentschieden herausgeboxt. Er war Vizemeister in Niedersachen und er gehörte zum Weser-Boxring, der Mitglied bei den Niedersachen war.

An zwei Höhepunkte erinnerte die NZ: Der Kampf gegen den viel jüngeren Oldenburger Ehmken, der den Mund vorher wohl ein bisschen zu voll genommen hatte. Sein überaus stolzer Sohn Stephan zog seinem Papa nach dem Kampf eigenhändig die Schuhe aus.

Ein zweiter Höhepunkt war der Kampf gegen die Olympiahoffnung Schieders aus Ostfriesland, die er besiegte.

Seine stattliche Figur und seine Erfahrung aus 80 Boxkämpfen ließen ihn zu einer begehrten Autoritätsperson am Eingang der Discothek werden. Wenn seine Schichten das erlaubten, sorgte er mit einer ganz natürlichen Autorität dort für Ordnung.

Und im Fernsehen schaute er sich bis zuletzt die Kämpfe der „Großmäuler“ und „Großkämpfer“ immer wieder gerne an.

Und schließlich brauchen wir für das Leben auch noch die Farbe gelb (yellow).

Zur Farbe gelb zählen wir die Urlaube und Reisen. Er achtete darauf, dass einmal jährlich Urlaub gemacht wurde. In Österreich war die Familie sehr oft und im Jahr 2005 sogar 4mal insgesamt.

In den USA wohnt eine Tante, die nun mit uns um ihn trauert, sie war Anlaufpunkt mehrerer Urlaubsreisen in die USA.

Aber er wäre nicht lebenslang Brückenfahrer bei der BLG gewesen, wenn ihn Motorfahrzeuge kalt gelassen hätten. „Dicke Autos“ mussten es sein. Mercedes und BMW, darunter tat er es nicht. Und natürlich fuhr er lebenslang seine Motorräder. Schopper fanden sich darunter, auch eine schöne Kawasaki. Bis zu seiner Erkrankung waren sie eine wesentliche Farbe seines Lebens.

Und ich zähle auch noch seine Katze „Rudi“ dazu. Rudi war sein „Macker“.

Und schließlich gehört auch in die letzte Farbe seine große Liebe zum gesellschaftlichen Zusammensein dazu. Gerne hat er gefeiert. Und manch einer wird sich noch an die schönen Feiern mit Reinhold Neubert erinnern. Nach seinem Unfall wurde alles anders. Der Partytyp war mit dem Unfall auf der Strecke geblieben und stattdessen entwickelte sich ein besonders ein um die Kinder viel besorgter Mann.

Am 02.04.2007 musste er ins Krankenhaus, weil er Rückenschmerzen hatte. Die genaueren Aufnahmeuntersuchungen ergaben ein Krebsgeschwür am Gallenausgang. Als am 13.04. endlich die Diagnose fest stand, war es für alle Operationen und Therapien zu spät.

Am 14. Mai 2007 ging er in der Klinik auf leisen Sohlen davon, dorthin, von wo er vor 55 Jahren zu uns in diese Welt gekommen ist.

Dort, so wissen wir aus eigener Erfahrung, gibt es kein Leid mehr.

Abschied

Wir müssen Abschied nehmen.
Dazu ist es notwendig, dass Sie alle Ihren Frieden mit dem Verstorbenen machen.

Während Sie das bei sich selbst bedenken und entscheiden, werde ich dem Verstorbenen einen Text des Schleswig-Holsteinischen Heimatdichters Theodor Storm widmen.

 

Die Zeit ist hin, du löst dich unbewusst
und leise mehr und mehr von meiner Brust.
Ich suche dich mit sanftem Druck
zu fassen,
doch fühl ich wohl,
ich muss dich gehen lasen.
 
So lass mich denn,
bevor du weit von mir im Leben gehst,
noch einmal danken dir.
Und magst du nie,
was rettungslos vergangen,
in schlummerlosen Nächten heimverlangen.

Hier steh ich nun und schaue bang zurück,
vorüber rinnt auch dieser Augenblick.
Und wieviel Stunden dir und mir gegeben,
wir werden keine mehr zusammen leben.

Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun

Reinhold Neubert, geboren am 17.02.1952 und am 14.05.2007 für immer von uns zurückgegangen, woher er zu uns kam, zu seiner letzten Ruhe. 
Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.

Ruhe in Frieden.

verstorbene